Während die Therapie von Brustkrebs früher vor allem auf die Entfernung des Tumors ausgerichtet war, gehört die Brustrekonstruktion heute zum festen Bestandteil des Therapieplans. So verweist auch die „Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms“ deutlich auf die umfassende Aufklärung der Patientin.
Bereits bei der Mitteilung der Diagnose sollen demnach auch die Methoden zur Brustrekonstruktion umfangreich erläutert und die Möglichkeiten für die Patientin erörtert werden. Auf Wunsch kann die Patientin zu jedem Gespräch eine Vertrauensperson hinzuziehen und überdies alle Informationen auch in schriftlicher Form erhalten.
Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass die Diagnose Brustkrebs keinen Notfall darstellt. Die Patientin soll ausreichend Zeit haben, sich mit dem Befund selbst, aber auch den Möglichkeiten der Brustrekonstruktion auseinanderzusetzen. Manche Frauen entscheiden sich bewusst gegen einen Brustaufbau. Eine Brustrekonstruktion bringt jedoch nicht nur in psychologischer, sondern auch in körperlicher Hinsicht Vorteile mit sich.
Nach der Mastektomie einer Brust gerät die Körperhaltung aus dem Gleichgewicht. Je nach Größe der gesunden Brust und den Proportionen der Frau kann die Entfernung einer Brust ohne anschließende Rekonstruktion zu Rückenschmerzen und Haltungsschäden führen. Für die Brustrekonstruktion gibt es verschiedene Möglichkeiten, die im Arzt-Patienten-Gespräch ausführlich besprochen werden sollten.
Eine Möglichkeit der Brustrekonstruktion ist der Brustaufbau mit Eigengewebe. Diese Variante hat den Vorteil, dass körpereigenes Gewebe entnommen oder versetzt und in die Brust verpflanzt wird. Eine Abstoßungsreaktion ist deshalb nicht zu erwarten. Das Gewebe zur Konstruktion einer neuen Brust wird meist aus dem Rücken oder auch dem Bauch entnommen. Auch die Rekonstruktion mit Gewebe aus dem Gesäß oder der Innenseite des Oberschenkels ist möglich, wird jedoch selten durchgeführt. Man unterscheidet zwischen der Rekonstruktion mit und ohne Muskulatur.
Für eine Brustrekonstruktion mit Muskulatur besteht die Möglichkeit des Aufbaus aus dem großen Rückenmuskel. Diese Methode heißt LADO, nach dem lateinischen Begriff für Rückenmuskel latissimus dorsi. Die Entnahme aus dem Oberschenkel wird medizinisch als TMG bezeichnet, nach dem Lateinischen transverse musculocutanaeus gracilis.
Bei der LADO-Methode wird ein Lappen aus einem Teil der Muskulatur mitsamt Fettgewebe und Haut gelöst und unter der Haut nach vorne geschoben. Daraus wird die neue Brust gebildet. Die Operation gilt als sicher, geht jedoch mit einem längeren Krankenhausaufenthalt einher.
Eine weitere gängige Methode ist die Rekonstruktion mit Gewebe aus dem Bauch. Bei der TRAM-Methode (benannt nach dem lateinischen Begriff für Bauchmuskel transversale Rectus abdomis) wird Gewebe unterhalb des Bauchnabels gelöst und an die Stelle der entnommenen Brust geschoben.
Sowohl die LADO- als auch die TRAM-Methode können „gestielt“ durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass das Gewebe im Inneren des Körpers verschoben und die Blutgefäße nicht durchtrennt werden. Beide Varianten sind auch als „freie“ Verpflanzung durchführbar. Dabei wird das Gewebe vollständig herausgelöst und an der Stelle der neuen Brust wieder verpflanzt. Die Blutgefäße werden mikrochirurgisch vernäht.
Für den Brustaufbau ist eine weitere Variante aus dem Bauchgewebe gängig. Bei der als DIEP (deep inferior epigastric perforator) bezeichneten Methode wird Haut- und Fettgewebe aus dem tiefen Bauchgewebe gelöst und verpflanzt.
Bei sehr schlanken Frauen, die nicht über genügend Fettgewebe in der Bauchgegend verfügen, ist die Verpflanzung von Gewebe aus dem Gesäß möglich. Bei der sogenannten I-GAP-Methode (inferior gluteal artery perforator) wird Fettgewebe aus dem unteren Bereich, bei der sogenannten S-GAP-Methode (superior gluteal artery perforator) aus dem oberen Bereich des Gesäßes herausgelöst.
Der Brustaufbau mit Eigenfett kommt in Deutschland selten zum Einsatz und befindet sich teilweise noch im Forschungsstadium. Die Brustrekonstruktion mit Eigenfett eignet sich für Frauen mit einer brusterhaltenden Therapie, also wenn die Brust aufgefüllt werden soll. Bei dem Eingriff wird Fett aus dem Bauch, dem Rücken oder auch den Hüften chirurgisch abgesaugt und in der Brust an entsprechender Stelle wieder gespritzt.
Eine alternative Methode ist die Brustrekonstruktion mit Implantaten. Heute gilt die Rekonstruktion mit Silikonimplantaten als sicher und unbedenklich, denn ein Implantat liegt als medizinisches Produkt in Deutschland auf Kontrollebene der Gesundheitsbehörden.
Silikonimplantate gibt es in verschiedenen Formen und Größen. Sie werden entsprechend der gesunden Brust der Patientin ausgewählt und können als Primäreingriff direkt nach der Entfernung des Tumors implantiert werden.
Implantate aus Silikon verfügen nur über eine zeitlich begrenzte Haltbarkeit, die heute bis zu 20 Jahre gewährleistet wird. Für junge Brustkrebspatientinnen kann die Wahl eines Silikonimplantats deshalb mindestens eine weitere Operation im Laufe ihres Lebens bedingen.
Sabrina Mandel